Ich bin viel gereist,

aber diese Reise veränderte mein Denken grundlegend…

Abenteuerroman basierend auf einer wahren Begebenheit

Eine Reise zum entlegensten Kunstwerk der Welt. Der französische Künstler Jean Verame hat in zweijähriger Arbeit mitten im Tibesti/Tschad ein monumentales Kunstwerk erschaffen, die „Bemalten Felsen von Bardai“.

270 Seiten, 24 Farbfotos
Preis 19,50 Euro

Wir waren die ersten, die eine Nord/Süddurchquerung Libyen-Tschad-Kamerun mit dem Motorrad gewagt haben und es ist bis heute die einzige Überquerung des Tibesti, dem höchsten Gebirge der Sahara, einer Frau mit dem Motorrad. Große Teile des Aouzou Streifen, sowie des Nordtschad waren und sind bis heute vermint.

Wir verlassen den letzten libyschen Grenzposten in Richtung Tschad. Die freundlichen Soldaten winken uns hinterher und lauters Motorengeräusch lässt mich nach oben blicken. Ein kleines Flugzeug überfliegt das Grenzgebiet, taucht mit dröhnenden Motoren knapp über uns hinweg. Sand wirbelt auf, ich halte die Luft an, kneife die Augen zusammen und konzentriere mich auf die Meter vor meinem Motorrad, um nicht vielleicht irgendeinen Stein zu übersehen, Sekunden werden zu gefühlten Minuten, ich sehe nichts mehr! Presse die Lippen zusammen, gehe leicht vom Gas und hoffe nur noch! So bringe ich viele Meter wie im Blindflug hinter mich! Glücklich der Staubwolke entkommen hole ich tief Luft, gebe Gas und die Maschine stabilisiert sich im weichen Sand! Geschafft!

Mein Blick hängt am Horizont. Dort wo Himmel und Erde miteinander verschmelzen flimmert die Luft und in diesem Nichts schweben kleine schwarze Punkte. Steine? Felsen? Berge? Fahrzeuge? Die Entfernung ist nichmal ansatzweisezu schätzen. Niemandsland liegt vor uns, eine uns vollkommen unbekannte, fremde Welt, eine Welt die fast zwanzig Jahre Krieg hinter sich hat, einen Krieg, der um die Uranvorkommen im Tibesti geführt wurde. Seit einem Jahr ist Frieden, der Streit um den Aouzouastreifen wurde niedergelegt und ein Freundschaftsvertrag zwischen Libyen und dem Tschad vor dem internationalen Gerichtshof in Den Hag wurde nach vierjährigen Verhandlungen abgeschlossen. Das libysche Militär mußte sich zurück ziehen.

Meine Gedanken kreisen. Was wird uns erwarten? Worauf haben wir uns eingelassen? Es sind keine Pisten mehr erkennbar, die wenigen Spuren der Lkws laufen in alle Richtungen auseinander, um sich dann irgendwann wieder zu bündeln und erneut auseinander zu laufen. Vielleicht um Weichsandfelder zu umfahren. Jeder scheint sich hier seinen eigenen Weg zu suchen. Heller, fast weißer Sand bis zum Horizont. Es ist warm, Mittag, wir sind spät aufgebrochen, viel zu spät. Der Abend mit den Soldaten war lustig, sie freuten sich über unseren Besuch. Wir haben für etwas Abwechslung gesorgt in diesem hunderte Kilometer von jeglicher Zivilisation entfernten letzten mobilen Camp des libyschen Militärs, das aus einem Zelt besteht, welches sich sechs Soldaten teilen. Ich ließ sie mit meinem Motorrad fahren, was sich als sehr schwierig gestaltete, Michi nahm sie dann hinten auf seiner Maschine mit. Wir sind netten, herzlichen Menschen begegnet, die uns nun mit ihren Gewehren in der Hand, von der Kante ihrer kleinen Erhöhung aus, hinterher winken, Luftsprünge machen und rufen. Libyen hat mich fasziniert! Freundliche Menschen, wir konnten keine Armut erkennen. die meisten Libyer sind mehrsprachig, eine Verständigung war problemlos möglich, wir wurden nie angebettelt, im Gegenteil! Libyen steht in starkem Kontrast zu allen anderen arabischen, nordafrikanischen Ländern!

Und nun ONE WAY, eine Reise ohne Wiederkehr! Kein Rückweg mehr möglich, wer hier über die Landesgrenze ausreist, darf nicht mehr zurück, so die Information der Libyschen Botschaft und des Auswärtigen Amts in Deutschland. Der Ausreisestempel hat das besiegelt!

Einige Kilometer wollen wir heute noch schaffen. Vor uns liegen 2500km Piste und die Überquerung des Tibesti, dem höchsten Gebirge der Sahara. Erfurcht vor dieser unendlichen Weite, gepaart mit Abenteuerlust und dem etwas beklemmenden Gefühl der Ungewissheit erfüllt mich. Es war in Deutschland kaum Kartenmaterial zu bekommen. Nur uralte russische Generalstabskarten und die normale Afrikakarte, in der für dieses Gebiet kaum Pisten eingezeichnet sind. Große Teile der Region sollen immer noch vermint sein. Aktuelle Erfahrungsberichte waren auch nicht erhältlich, zumindest nicht von dieser Nord-Südroute.

Der Sand ist weich, das Motorrad „schwimmt“, richtet sich erst gerade bei höherer Geschwindigkeit, beginnt dann bei über 100kmh zu „fliegen“. Ich mag das Gefühl des Fahrens, des Vorwärtskommens, das Vibrieren der Maschine, das Knattern des Motors, das mir immer ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Von Beständigkeit. Die Verbundenheit, die man auch zu einem Fahrzeug, zu einem Motorrad bekommen kann, ist eigentlich erstaunlich. Die Hoffnung nicht im Stich gelassen zu werden, begleitet einen. Die Fürsorge, die man deshalb auch empfindet, eine fast liebevolle Beziehung. Mein „Baby“.

Was macht der Lkw? Wo bleibt Hans? Michi sehe ich auf seiner Maschine in einiger Entfernung, links versetzt vor mir fahren, er zieht eine feine, fast weiße Staubwolke hinter sich her, der ich durch das versetzte Fahren ausweiche. Ich wende leicht meinen Kopf, höre angestrengt, um vielleicht das Motorengeräusch unseres Begleitfahrzeuges zu registrieren. Nichts! Nur das dumpfe Knattern meines Motors. Ich versuche kurz einen Blick nach hinten zu erhaschen. Unmöglich. Ich gehe leicht vom Gas, die Maschine wird sofort langsam, instabil, der Sand bremst, ich fahre einen halben Kreis und kann zurückschauen, fahre langsam in die entgegengesetze Richtung. Wie ein winziger Diamant leuchtet das Weiß des Lkws am Horizont. Keine Staubwolke ist zu erkennen, keine Bewegung ist auszumachen. Er muß stehen! Ich konzentriere mich und versuche zu erkennen. Nichts. Vielleicht ist die Entfernung auch einfach nur zu groß! Michi verschwindet indes in die andere Richtung. Gut, daß wir die Idee hatten, den Lkw weiß zu lackieren, somit ist er kilometerweit zu erkennen und dient auch immer als Orientierungspunkt, denn durch das unterschiedlichen Grundtempo sind wir mit den Motorrädern immer wesentlich schneller und warten zwischendurch auf den 14tonner Mercedes, er ist unsere Lebensversicherung! Ich fahre zurück. Es dauert eine ganze Weile, bis ich ihn erreicht habe. Als ich mein Tempo verlangsame, merke ich erst, wie tief der Sand hier ist. Ein gewaltiges Weichsandfeld! Mit den Motorrädern konnten wir darüber fliegen, das tun, was Motorradfahren in der Wüste so faszinierend macht. Aber Hans kam mit dem schweren Lkw, der zwar Zwillingsbereifung, zuschaltbaren Allrad und Untersetzer hat, gerade mal ein paar Kilometer weit. Ich muß schon sehr schmunzeln, wenn ich ihn so mit seiner bunten Sonnenbrille, den wirren Haaren, dem blauen Mechanikeroverall und dem rotgemusterten Stirnband sehe. Ich steige ab, schiebe ein Holzstück unter den Seitenständer, das ich immer dabei habe, schnapp mir eine Schaufel und beginne die Räder frei zu legen. Michi ist nun auch zurück und löst die Sandbleche von den Seitenwänden des Fahrzeuges. Ohne Fahrtwind ist es warm, die Mittagssonne brennt auch im November. In alle vier Himmelrichtungen nur Horizont, flach. Ich entledige mich meiner Handschuhe, der Motorradjacke und lockere die Schnallen der Crosstiefel. Das wird ein hartes Stück Arbeit den Lkw durch dieses Feld zu bekommen! Als die Räder frei geschaufelt sind, schieben wir die Sandbleche unter. Die Räder greifen, Meter für Meter quält sich der schwere Lkw voran und sandet wieder ein. Wieder schaufeln wir und schieben die Bleche darunter. Immer und immer wieder sandet er ein. Steht. Steckt fest. Wird nun heiß! Die Motorräder lassen wir zurück, wir laufen mit den Schaufeln in der Hand neben dem Lkw her, ziehen die schweren Sandbleche aus Eisen nach, schaufeln und legen sie wieder unter. Gehen zurück, holen die Motorräder. All das wiederholt sich stundenlang. Schweigend. Jeder weiß, was zu tun ist. Aufeinmal kann Hans Tempo machen und fährt! Und fährt und fährt. Langsam und stetig wühlt er sich durch den Sand. Wie in Zeitlupe! Ich schau ihm hinterher und hoffe nur, daß er bald festen Boden unter die Reifen bekommt. Irgendwann steht er wieder, in weiter Entfernung. Michi und ich schnappen uns die schweren Sandbleche, jeder zieht eines hinter sich her, gehen dem Lastwagen nach und sehen: er steht auf festem Untergrund! Geschafft! Hans hat sich sofort daran gemacht, die Reifen wieder aufzupumpen und wir laufen zurück, sicherlich zwei Kilometer, um die Motorräder zu holen. Durchgeschwitzt ziehe ich meine Jacke an, schiebe die Handschuhe in die Jackentasche, schlüpfe mit der Hand durch die Halsöffnung des Crosshelms und beim Gesichtsausschnitt wieder hinaus, lasse die schnallen der Crosstiefel offen, kicke die Maschine an und gebe Gas. Ich brauch e jetzt etwas Fahrtwind im Gesicht, um abzukühlen. Kurz darauf sind wir alle zusammen, parken die Mopeds neben dem Lkw.

Die Sonne schwebt über dem Horizont. Minutenlang stehe ich wie angewurzelt und folge ihr mit den Augen, dann taucht sie unter. Ein schmales, rosafarbenes ´Band trennt nun Himmel und Erde, unspektakulär, sanft. An weiterfahren ist nicht mehr zu denken. Sofort wird es kalt. Der Temperatursturz lässt es windig werden. Ich hole meine Mütze, Daunenjacke und dicke Socken. Eigentlich bin ich ziemlich geschafft, hungrig und durstig. Das Lager muß aufgebaut werden, bevor es komplett dunkel ist. Jetzt ist fast Eile geboten! Hans und Michi machen Lagerfeuer, das ist unsere Beleuchtung. Wir sammeln immer alles an Holz, was wir tagsüber finden, befestigen es mit Expandern an unseren Motorrädern und deponieren es bei jedem Stopp auf dem Lkw. Es wird früh dunkel, die Nächte sind lang und jeder freut sich über die Wärme und das Knistern des Feuers. Heute werde ich nichts Frisches mehr kochen, zwei Dosen Ravioli werden aufgemacht, das muss reichen! Der Wind trägt die Funken des Feuers in die Nacht, er ist das einzigste Geräusch weit und breit.

Mein Motorrad steht nun etwas abseits. die Goretexjacke kommt über das Vorderrad als Windschutz, eine alte Matratze lege ich daneben. Sie diente als Polsterung zwischen den Motorrädern auf der Reise von Garmisch nach Tunis. Erst nach der ersten Nacht in Tunesien haben wir die Maschinen vom Lkw abgeladen und sind selbst gefahren. Ich bin glücklich über diesen weichen Untergrund und meinen Expiditionsschlafsack, der bis -52 Grad ein „Überleben“ sichern soll und krabble in mein warmes Zuhause, lege mich auf den Rücken, ziehe mir die Mütze tief ins Gesicht und mein Blick wandert zu den Sternen. Zu diesen abermillionen winzigen Punkten am schwarzen Gewölbe über der Sahara. Das sind die absolut überwältigen Momente in der größten Wüste dieser Erde! Kein fremdes Licht stört diesen Zauber. Absolute Stille, nur das leise Raunen des Windes. Ich versinke in Gedanken. In Gedanken über die Beweggründe immer wieder in eine Wüste zu fahren. Man liebt sie, oder man verachtet sie. Wen der Zauber aber einmal erwischt hat, der kann sich kaum noch entziehen. Es ist viel mehr als Abenteuerlust, als das Erkunden von fernen Ländern, als die Herausforderung und Strapaze des Fahrens. Es ist ein gewaltiger Schritt zu sich selbst! Grenzüberschreitend! Horizonterweiternd und THE WAY OF NO RETURN!